Über die Gen Z hört man Schlimmes: Sie will nicht bis zum Umfallen schuften und ist für nichts zu gebrauchen. Meine Generation sollte sich darüber am wenigsten aufregen.
Die Gen Z scheint unbequem zu sein. Den Eindruck habe ich jedenfalls, wann immer ich etwas über diejenigen höre und lese, die um die 20 oder ein paar Jahre jünger sind: Sie pochen auf eine strikte Work-Life-Balance, wollen angeblich möglichst wenig arbeiten und sind durch ihre Anspruchshaltung kaum für den Arbeitsmarkt zu gebrauchen.
Abgesehen davon, dass extreme Zuspitzungen nie stimmen, wundern mich zwei Dinge an der Debatte:
Erstens: Was ist grundsätzlich schlimm daran, wenn junge Generationen das Alte und Althergebrachte in Frage stellen? Müssen sie das nicht sogar, um überhaupt etwas zu bewegen?
Und zweitens verwundert die Vehemenz, mit der sich viele Ältere über diese Generation aufregen.
Früher „Null Bock“, heute Gen Z
Nehmen wir meine Altersgenossinnen und -Genossen, so um die 50 oder etwas älter, die – nur das kann ich aus der Erinnerung beurteilen – in der alten Bundesrepublik aufgewachsen sind: Wir waren die „Null-Bock-Generation“ – was auf mich und meine Freunde hundertprozentig zutraf. Manche Zuspitzungen stimmen also doch.
Morgens in der Schule führte uns der erste Weg in den „Raucherkeller“. Wo die vielen alten Sofas, die im muffigen Untergeschoss der Schule herumstanden, herkamen, habe ich nie herausfinden können. Hier hingen wir rum und schwänzten etliche Schulstunden, wenn wir das nicht in der gegenüberliegenden Kneipe taten. Oder bei gutem Wetter im Stadtpark.
Es gab Zeiten, da versäumte ich wochenlang den Musikunterricht, weil ich Wichtigeres zu tun hatte: mit irgendwelchen Leuten rumgammeln. Das ging so weit, dass mich meine Musiklehrerin eines Tages freudig mit der Frage im Unterricht begrüßte, ob ich neu an der Schule sei.
Gedanken über die Zukunft gingen meist nur so weit, wo die nächste Party stattfinden könnte. Oder wer dran ist mit Fahren, wenn wir aus dem Dorf raus in die nächste Disco wollten.
Das Lebensgefühl war immer etwas „anti“
Da meine ganze Altersgruppe als „Null-Bock-Generation“ gelabelt wurde, kann ich mir vorstellen, dass manche Menschen meines Alters ähnliche Erinnerungen haben wie ich. Klassentreffen sind für mich und meine damalige Clique bis heute ein großer Spaß. Wir waren auch irgendwie immer gegen alles – konstruktiv ging gar nicht.
Was nach der Schule kam, diesen Gedanken schoben wir ganz weit in die Ferne. Viele von uns waren noch planlos, als sie schon das Abi schrieben.
Aber wir haben das Abi geschafft, manche sogar studiert, Jobs und das private Glück gefunden. Warum sollte es bei der Gen Z anders sein?
Meine Generation war über weite Flächen kaum zu gebrauchen und wurde von den Älteren damals weder verstanden noch gemocht. Deshalb sollten wir uns auch nicht so über die Gen Z aufregen.
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