Nordrhein-Westfalen und die benachbarten Niederlande arbeiten in vielen Bereichen eng zusammen. Im Fokus steht besonders der grenzüberschreitende Kampf gegen Kriminalität und illegale Migration.

Die Niederlande und Nordrhein-Westfalen wollen die illegale Migration eindämmen, ohne dabei den offenen Grenzverkehr zwischen beiden Nachbarländern zu beeinträchtigen. „Wir müssen unterscheiden zwischen Grenzkontrollen und Grenzschließungen“, sagte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) nach einem Gespräch mit dem niederländischen Premier Dick Schoof in Düsseldorf. Offene Grenzen seien die Grundlage für gemeinsamen Wohlstand. 

Die Regierungen der Niederlande und des benachbarten Bundeslandes hatten sich in der NRW-Landeshauptstadt zu den dritten Regierungskonsultationen getroffen. Die rechtsgerichtete niederländische Regierung unter dem parteilosen Schoof ist seit Sommer 2024 im Amt. Die niederländische Regierung hatte Ende 2024 beschlossen, Grenzkontrollen einzuführen, um illegale Migration und Menschenschmuggel einzudämmen.

Grenzkontrollen bedeuten nicht Grenzschließungen

Die heutigen Grenzkontrollen hätten nahezu keine Auswirkungen auf den gemeinsamen Güteraustausch und Grenzverkehr der beiden Nachbarländer, sagte Wüst. „Da noch etwas mehr zu tun, heißt noch lange nicht, die Grenzen zu schließen.“ Das „Allerbeste“ wären aber so gute europäische Außengrenzen, „dass wir über dieses Thema gar nicht reden müssen“, so der CDU-Politiker. 

Da sei die Realität leider eine andere und deshalb müsse an den Binnengrenzen der EU in Zukunft „eher mehr als weniger“ kontrolliert werden. Europa müsse in Fragen von Sicherheit und Migration viel konsequenter handeln. „Aber trotzdem bleibt es dabei: keine Grenzschließungen mit langen Lkw-Schlangen und den Beeinträchtigungen, die wir alle nicht haben wollen.“

Auch Schoof betonte, dass das Schengen-System des freien Reisens an den EU-Binnengrenzen nicht zur Diskussion stehe. „Es geht darum, dass die illegalen Grenzübertritte mit möglichst wenig Schwierigkeiten für den regulären Grenzverkehr verhindert werden.“

Niederlande setzen auf neue Bundesregierung

Erwartungen hat Schoof auch an die künftige Bundesregierung unter dem wahrscheinlichen Kanzler Friedrich Merz (CDU). Was das Thema Migration betreffe, könne die Zusammenarbeit nur besser werden, sagte er. Deutschland und die Niederlande setzten in Europa die gleichen Prioritäten. „Wir müssen die Migration in Griff bekommen und zusammenarbeiten bei der Rückkehr derjenigen, die illegal ins Land gekommen sind“, sagte Schoof. 

„In ganz Europa ist das Bewusstsein gewachsen, dass wir in unsere Sicherheit investieren müssen“, sagte Schoof auch mit Blick auf die globalen politischen Veränderungen. Das in Berlin beschlossene große Investitionspaket biete auch Perspektiven für militärische Zusammenarbeit. Grenzüberschreitende Investitionen müsse es auch in die Infrastruktur, Energieversorgung und innovative Technologien für die Energiewende geben. 

Gemeinsame Polizeiteams werden verstärkt

Die Arbeit der gemeinsamen Polizeiteams der Niederlande und Nordrhein-Westfalens soll über das Jahr 2025 hinaus verstetigt werden, vereinbarten beide Länder in einer gemeinsamen Erklärung. Außerdem soll die Möglichkeit geprüft werden, ein weiteres Polizeiteam für das Gebiet im Dreiländereck Niederlande – Deutschland – Belgien zu bilden. Die grenzüberschreitenden Polizeiteams (GPT) hätten sich als wichtiges und erfolgreiches Instrument für das Bekämpfen der Kriminalität im niederländisch-deutschen Grenzgebiet etabliert. 

Erfolge im Kampf gegen Geldautomatensprengungen

Im Bereich des Terrorismus und Extremismus wollen beide Länder weiter einen engen Informationsaustausch pflegen. Bei der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität seien etwa bei Geldautomatensprengungen die Fallzahlen in NRW erheblich gesenkt worden.

Ein gemeinsames grenzüberschreitendes Vorgehen sei auch im Kampf gegen den Einsatz von Sprengmitteln aus hochexplosiver Pyrotechnik durch Kriminelle denkbar. Besonders in den Niederlanden sei dies eine besorgniserregende Entwicklung.

Kampf gegen Missstände bei Arbeitsmigranten

Gemeinsam wollen NRW und die Niederlande auch gegen Missstände bei der Beschäftigung und Unterbringung von meist aus Südosteuropa stammenden Arbeitsmigranten in der Grenzregion vorgehen. Kontrollbehörden beider Länder führten gemeinsame Inspektionen durch und ahndeten koordiniert Verstöße. Auf beiden Seiten der Grenze sollen auch Beratungsprojekte unterstützt werden, um Arbeitsmigranten vor Ausbeutung und Betrug zu schützen.

Gemeinsam für das Einstein-Teleskop

Die Niederlande und NRW treiben gemeinsam mit Belgien auch die Bewerbung für ein internationales Großprojekt der Astrophysik im Dreiländereck bei Aachen voran – das Einstein-Teleskop. Das Projekt biete „eine einmalige Chance für alle beteiligten Länder“, Spitzenforschung und Innovation von internationaler Strahlkraft im Herzen Europas zu realisieren. 

Auch Sachsen und die italienische Insel Sardinien wollen das europäische Forschungsvorhaben an Land ziehen. Das Einstein-Teleskop ist eine europäische Initiative zur Errichtung eines unterirdischen Observatoriums in Form eines gleichseitigen Dreiecks von jeweils zehn Kilometern. Mit dem Teleskop können Gravitationswellen aus dem All gemessen und ausgewertet werden. Das Einstein-Teleskop gilt als entscheidender Schritt in der Erforschung des Universums. 

Wüst: Uns verbindet enge Freundschaft

Wüst betonte die Partnerschaft und enge Freundschaft zwischen NRW und den Niederlanden angesichts großer geopolitischer Umbrüche und zunehmender internationaler Spannungen. „Die Niederlande sind zweifellos unser engster Partner außerhalb Deutschlands.“ Es gebe eine fast 400 Kilometer lange gemeinsame Grenze und mehr als 50 grenzüberschreitende Orte.