Franziskus I. wird als erster Papst seit mehr als 100 Jahren außerhalb des Vatikans beigesetzt, in Santa Maria Maggiore. Die Basilika war für ihn vor allem aus einem Grund bedeutsam.

148 Päpste haben im Petersdom ihre letzte Ruhestätte gefunden, zuletzt Benedikt XVI. und Johannes Paul II. Der jüngst verstorbene Franziskus I. dagegen verfügte, in einem Holzsarg in einer römischen Kirche außerhalb der Vatikanmauern beigesetzt zu werden: in der Basilika Santa Maria Maggiore, gelegen auf der anderen Tiberseite zwischen dem Bahnhof Termini und dem Kolosseum auf dem Hügel Esquilin.

Sechs Päpste wurden hier bislang bestattet, der letzte, Clemens IX., vor gut 380 Jahren. Warum hat sich Franziskus I. ausgerechnet dieses Gotteshaus ausgesucht?

Santa Maria Maggiore beherbergt die bedeutendste Marienikone Roms

„Der Vatikan ist mein letzter Arbeitsplatz auf Erden, aber nicht der Wohnort für die Ewigkeit“, sagte Franziskus einmal. Santa Maria Maggiore war seine Lieblingsbasilika: Mehr als einhundert Mal hat er die Kirche besucht, nicht nur am Morgen nach seiner Wahl am 14. März 2013, auch vor und nach internationalen Reisen. Das Gotteshaus geht auf die Spätantike zurück und ist vor allem für die Ikone „Salus populi Romani“ („Beschützerin des römisches Volkes“) berühmt, die bedeutendste Marienikone Roms. 

Maria hält das Jesuskind im Arm: Die Ikone „Salus Populi Romani“ in der römischen Basilika Santa Maria Maggiore soll von dem Evangelisten Lukas stammen, dem Schutzpatron der Maler
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Dabei handelt es sich um eine Zedernholztafel, auf der Maria das Jesuskind im Arm hält. Der Überlieferung zufolge stammt das Bildnis von niemand Geringerem als dem Evangelisten Lukas und wurde folglich im Heiligen Land angefertigt. Ende des sechsten Jahrhunderts soll Papst Gregor I. die Ikone drei Tage lang durch Rom tragen gelassen haben, um das Ende der Pest zu erflehen, die damals in der Stadt wütete. 

Wann das Bildnis wirklich entstand, ist bis heute nicht eindeutig geklärt: Möglicherweise stammt es aus der Spätantike und wurde im Mittelalter mehrmals übermalt, so eine der Theorien. Papst Paul V. ließ 1613 am linken Seitenschiff eigens eine Kapelle für die Ikone errichten, die Cappella Paolina. Dort ist das Werk bis heute zu besichtigen.

Papst Franziskus I. hatte eine besondere Beziehung zur Salus populi Romani. „Seine Äußerungen in Interviews lassen sich so interpretieren, dass Maria durch dieses Bildnis für ihn auf spirituelle Weise präsent ist“, sagt der Kirchenhistoriker Prof. Volker Reinhardt. „Das heißt: Maria sieht ihn, kommuniziert mit ihm, steht ihm bei und hat damit dieselbe Funktion, die Ikonen in den östlichen christlichen Kirchen haben.“

Für die römisch-katholische Kirche dagegen sei Franziskus‘ Auffassung ungewöhnlich: Eigentlich stellt das Bilderdekret des Trienter Konzils (1545–1563) klar, dass Heilige auf Bildern in diesen materiellen Werken nicht präsent sind – und entsprechend „keinen Fetischcharakter haben dürfen“, so Reinhardt. In jedem Fall bietet die Salus populi Romani eine Erklärung, warum Franziskus ausgerechnet in der Basilika Santa Maria Maggiore seine letzte Ruhe finden möchte. Eine Entscheidung, die auch dafür steht, dass der verstorbene Papst – wie in seiner gesamten Amtszeit – ungewöhnliche Wege beschreitet, selbst bei seinem letzten Willen.