Mit ihren Äußerungen zur Rolle der Kirche hat Bundestagspräsidentin Julia Klöckner viel Kritik ausgelöst – auch aus den eigenen Reihen bekommt sie nicht nur Zuspruch.
Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) hat für ihre Aussagen zu politischen Stellungnahmen der Kirchen breite Kritik geerntet. Der Generalsekretär des künftigen Koalitionspartners SPD, Matthias Miersch, sagte der „Rheinischen Post“: „Christinnen und Christen haben sich immer politisch eingemischt. Und das ist gut so.“
Klöckner hatte der „Bild am Sonntag“ gesagt, die Kirche riskiere, beliebig zu werden, wenn sie ständig zu tagesaktuellen Themen Stellungnahmen abgebe und nicht mehr die grundsätzlichen Fragen von Leben und Tod im Blick habe. „Dann wird sie leider auch austauschbar.“
Vorwurf der Doppelmoral
Klar könne sich die Kirche auch zu Tempo 130 äußern, aber dafür zahle sie nicht unbedingt Kirchensteuer, sagte Klöckner. Es sei ein freies Land, „aber ich glaube, von Kirche erwartet man sich diese sinnhafte Begleitung, diese Antwort auf Fragen, die ich in meinem Alltag habe, vielleicht auch Trost und Stabilität.“ Das Interview wurde vor dem Tod des Papstes geführt.
Miersch sagte, nach dem Tod des Papstes Franziskus irritiere es ihn umso mehr, „wenn Christinnen und Christen heute fordern, Kirche solle sich aus politischen Debatten heraushalten. Das C im Parteinamen verträgt nicht die Aufforderung an Geistliche, keine Stellung zu beziehen und sich auf Seelsorge zu beschränken“.
Kritik auch aus der CDU an Julia Klöckner
Der Grünen-Abgeordnete Andreas Audretsch warf Klöckner vor, politische Stellungnahmen der Kirche nur dann zu dulden, wenn sie ins konservative Weltbild passen. „In dem Moment, wo es darum geht, Kernfragen auch des Christentums, nämlich die Bewahrung der Schöpfung, den Klimaschutz, den Umweltschutz in den Mittelpunkt zu stellen oder die Gleichheit aller Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, da hat sie Abwehrreaktionen“, sagte Audretsch RTL/ntv.
Kritische Stimmen kommen auch aus der eigenen Partei. Angesprochen auf Klöckners Wunsch nach mehr politischer Zurückhaltung der Kirchen sagte der Bundestagsabgeordnete und ehemalige NRW-Ministerpräsident Armin Laschet: „Kirche war immer politisch“. „Wer aus der christlichen Botschaft ableitet, dass man die Welt verändern soll, zum Guten verändern soll, die Welt gestalten soll, dann ist das immer eine politische Botschaft“. Dies beziehe sich auch auf alle großen Päpste. Den am Ostermontag verstorbenen Papst Franziskus würdigte Laschet als einen „Priester der Armen“.