Die aktuelle Saison offenbart Schwächen im Kader des FC Bayern. Im Sommer könnte daher ein großer Umbau folgen. Sportvorstand Max Eberl steht mächtig unter Druck.
Der FC Bayern kann bereits an diesem Wochenende mit einem Sieg gegen Mainz 05 die 34. Meisterschaft in der Bundesliga klarmachen – vorausgesetzt der Konkurrent aus Leverkusen patzt. Spätestens am Ende der Saison dürfte der Ligagewinn den Münchnern aber wieder sicher sein. Weitere Titel haben sie jedoch verspielt: Im DFB-Pokal schied der Rekordmeister schon im Achtelfinale gegen Leverkusen aus, und in der Champions League war vergangene Woche im Viertelfinale gegen Inter Mailand Schluss.
Verletzungen offenbarten zuletzt Schwächen; der Kader ist derzeit nicht breit genug, um in Europa ganz oben mitzumischen. Sportvorstand Max Eberl steht daher zunehmend unter Druck und muss handeln. Im Sommer könnte es einen großen Umbruch an der Säbener Straße geben.
Die Unantastbaren beim FC Bayern
Wie die „Sport Bild“ berichtet, sind nur neun Bayern-Spieler unantastbar. Dazu zählen Kapitän Manuel Neuer, Jamal Musiala, Joshua Kimmich und Alphonso Davies (derzeit verletzt) – sie alle sind wichtige Stammkräfte und haben jüngst ihre Verträge in München verlängert. Starstürmer Harry Kane, Neuzugang Michael Olisé und die Eigengewächse Aleksandar Pavlović und Josip Stanišić sind demnach ebenso unverkäuflich. Gleiches gilt für Winterneuzugang und Neuer-Stellvertreter Jonas Urbig.
Dayot Upamecano gehört eigentlich auch zu den Unverzichtbaren, doch Medienberichten zufolge stören sich die Verantwortlichen des FC Bayern an stockenden Verhandlungen mit dem französischen Verteidiger. Offenbar fordert er zu viel Gehalt. Sein Vertrag läuft noch bis Sommer nächsten Jahres. Ob Klub und Spieler sich auf eine vorzeitige Verlängerung einigen, wird sich zeigen. Wenn nicht, könnte der 26-Jährige verkauft werden.
Liste möglicher Wechselkandidaten ist lang
Upamecanos Kompagnon in der Innenverteidigung, Minjae Kim, leistete sich beim Champions-League-Aus gegen Inter Mailand einige Aussetzer und steht mal wieder in der Kritik. Laut dem Sender Sky ist daher sowohl Upamecanos als auch Kims Zukunft bei den Bayern noch offen.
Die Fehleinkäufe Sacha Boey und Bryan Zaragoza, der aktuell an Osasuna ausgeliehen ist, stehen ebenso auf der Liste potenzieller Wechselkandidaten. Ein weiterer Leihspieler, Mathys Tel, könnte dem FC Bayern 60 Millionen Euro einbringen, wenn der englische Klub Tottenham Hotspur die Kaufoption zieht.
Wie es mit João Palhinha weitergeht, ist derzeit unklar. Dabei hatte der Rekordmeister lange um den Portugiesen gerungen und am Ende 51 Millionen Euro für ihn gezahlt. Die „Bild„-Zeitung mutmaßt, dass er den Verein diesen Sommer nach gerade einmal einem Jahr schon wieder verlässt. Demnach könnte auch sein Landsmann Raphaël Guerreiro gehen. Er sei flexibel einsetzbar, aber auf keiner Position internationale Topklasse.
Zugänge aus Leverkusen?
Bei einem möglichen Abgang von Kim und/oder Upamecano dürfte die Personalie Jonathan Tah beim FC Bayern wieder heiß werden. Der 29-jährige Innenverteidiger kündigte am Wochenende nach dem Bundesligaspiel beim FC St. Pauli (1:1) seinen Abschied von Bayer Leverkusen an. Im vergangenen Sommer hatten Tah und die Münchner sich bereits auf einen Wechsel an die Säbener Straße geeinigt, doch der Deal scheiterte im Aufsichtsrat.
Ex-Nationalspieler und Fußballexperte Lothar Matthäus rät den Münchnern, sich erneut um den Abwehrspieler zu bemühen: „Wenn ich beim FC Bayern etwas zu sagen hätte, dann brauche ich die Besten und Tah gehört zu den Besten. Ich würde mich auf jeden Fall mit Tah beschäftigen“, schrieb er in seiner Sky-Kolumne.
Ein weiterer Leverkusener steht sicher auf Eberls Zettel: Florian Wirtz. Dass die Münchner ihn an die Isar locken wollen, ist längst kein Geheimnis mehr. Der „Sport Bild“ zufolge ist der Mittelfeldstar trotz des Bedarfs in der wackeligen Defensive immer noch „Transferziel Nummer 1“. Dafür müsste der FCB wohl mehr als 100 Millionen Euro locker machen. Der geplatzte Tah-Deal hat das Verhältnis zwischen Bayern und Bayer jedoch belastet – und dürfte die Verhandlungen erschweren. Laut „Sky“ beschäftigt Max Eberl sich nach wie vor intensiv mit Xavi Simons von RB Leipzig als Wirtz-Alternative.
Käme im Mittelfeld ein neuer Star, müssten Spieler wie Leon Goretzka, Kingsley Coman und Serge Gnabry um ihren Verbleib bangen. Mit Thomas Müller hat man bereits einen Großverdiener von der Gehaltsliste gestrichen. Der 35-jährige Routinier erhält keinen neuen Vertrag beim FC Bayern.
Eberl muss Fehler ausbügeln
Die Verhandlungen mit Spielern sorgen beim FC Bayern für Unruhe. Bereits zu Beginn des Jahres berichtete der „Kicker“ über interne Kritik an Sportvorstand Eberl. Hinter den Kulissen habe es einige Irritationen gegeben – besonders in Bezug auf Vertragsverlängerungen und Kommunikation mit der Führungsetage. Aus dem Verein sei zu hören gewesen, dass Eberl zu Alleingängen neige. Weitere Vorwürfe lauten: Eberl gebe zu viel Geld für Verlängerungen aus und generiere kaum Einnahmen.
Auch Ehrenpräsident Uli Hoeneß mischte sich in die Transfer-Debatte ein: Auf der Jubiläumsfeier zu 125 Jahren FC Bayern im März warnte er, dass vom berüchtigten Festgeldkonto des Klubs nicht mehr viel da sei. Angesichts dessen sei ein Wirtz-Transfer nur mithilfe eines Sondervermögens möglich. Wie der „Spiegel“ berichtet, versuchte Vorstandschef Jan-Christian Dreesen, die Hoeneß-Aussagen wieder einzufangen: „Ich darf Sie beruhigen: Wir sind handlungsfähig“, sagte er am Rande der Bundesliga-Partie gegen Dortmund. „Die Motivation von Uli ist ja eine andere.“ Hoeneß sei besorgt über zu hohe Ausgaben, zum Beispiel bei „ausufernden Gehältern“. Eine indirekte Kritik an Eberl? Denkbar wäre es.
Beim FC Bayern lassen sich die Fehler in der Kaderplanung jedoch nicht nur an der Person Eberl festmachen. Im Sommer 2022 investierte der damalige Sportvorstand Hasan Salihamidžić 137,5 Millionen Euro in die Spieler Sadio Mané, Matthijs de Ligt, Mazraoui, Gravenberch, Yann Sommer, Mathys Tel. Alle verließen den Verein innerhalb von zweieinhalb Jahren, zuletzt Tel im Februar. Sadio Mané war schon nach einem Jahr wieder weg.
Der FC Bayern muss wieder mehr Stabilität in die eigene Transferpolitik bekommen. Auf Eberl wartet in diesem Sommer also eine Menge Arbeit, er muss seine eigenen Versäumnisse und die seines Vorgängers ausbügeln. Die nächsten Wechsel dürften für Eberls Zukunft beim Rekordmeister entscheidend sein.