Wenn ein Anschlag geschieht, wird schnell die Frage nach der Verantwortung gestellt. Wer ist für die Gefahrenabwehr bei Veranstaltungen zuständig? Experten werden in Magdeburg befragt.

Nach dem Anschlag in Magdeburg sieht die Hamburger Sicherheitsexpertin Kristin Pfeffer vor allem den Staat in der Verantwortung, Gefahren bei Großveranstaltungen abzuwehren. Für die Abwehr von Terror- oder Amoktaten mit Fahrzeugen benötige man besondere Kompetenzen, etwa für die Einschätzung geeigneter Maßnahmen, sagte Pfeffer vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss im Landtag von Sachsen-Anhalt. Dies sei eine staatliche Aufgabe.

Man könne Veranstaltern zwar Auflagen erteilen, aber die Maßnahmen müssten verhältnismäßig sein, damit die Veranstaltung durchführbar bleibe. Letztlich gehe es um eine Kooperation zwischen Veranstaltern, privaten Sicherheitsdiensten, Feuerwehr und Polizei. Pfeffer machte deutlich, dass sie die Polizei bei der Gefahrenabwehr stärker als kommunale Ordnungsämter gefordert sieht. Die Polizei sei anders ausgestattet als eine Ordnungsbehörde, sie könne unter anderem Zwangsmittel und Waffen einsetzen.

Absoluter Schutz nicht erreichbar

Klar sei aber, dass es nie einen absoluten Schutz geben werde. Sie könne sich nicht vorstellen, dass man jeden Markt terrorsicher machen könne, sagte Pfeffer, die in der Forschungsstelle Europäisches und Deutsches Sicherheitsrecht der Akademie der Polizei in Hamburg tätig ist.

Kurz vor Weihnachten war Taleb A. aus Saudi-Arabien mit einem Auto über den Magdeburger Weihnachtsmarkt gerast. Dabei wurden sechs Menschen getötet und mehr als 300 weitere verletzt. Der Täter sitzt in Untersuchungshaft.

Hätten Stadt und Veranstalter mehr machen müssen?

In der Landeshauptstadt war nach dem Anschlag auch die Frage aufgekommen, ob der Veranstalter oder die Stadt mehr hätten unternehmen müssen, um eine Fahrt über den Markt zu erschweren. Ein solches Szenario sei bei der Risikoanalyse zu betrachten, sagte Thomas Sakschewski von der Hochschule für Technik Berlin. Terrorabwehr könnten jedoch nur staatliche Institutionen übernehmen, so Sakschewski. Ab einer bestimmten Schwelle müsse die Polizei die Leitung übernehmen.

Der Grünen-Abgeordnete Sebastian Striegel sagte der Deutschen Presse-Agentur am Rande der Sitzung, Sicherheit zu schaffen, sei staatliche Aufgabe. „Diese Verantwortung lässt sich nicht abschieben.“ Die bislang gehörten Sachverständigen hätten deutlich gemacht, dass die von Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) betriebene „Abwälzung von Verantwortung“ rechtlich und tatsächlich nicht trage. „Je konkreter eine Terrorgefahr droht, desto stärker ist Polizei in der Pflicht.“ Man müsse darüber beraten, gesetzliche Regelungen für Großveranstaltungen konkreter zu fassen, um eine bessere Zusammenarbeit der Behörden zu erreichen.

Rüdiger Erben (SPD) fordert ebenfalls eine gesetzliche Regelung, „die Veranstaltern, Kommunen und der Polizei klare Verantwortlichkeiten und Handlungsspielräume vorgibt“. Auch Erben teilt die Einschätzung der Sicherheitsexperten. „Es muss klar sein: Die Verantwortung für den Schutz vor terroristischen Bedrohungen liegt nicht bei den Veranstaltern oder Kommunen, sondern bei der Polizei.“