Deutschlands neue Forschungsministerin Dorothee Bär zeigt sich kurz nach Amtsantritt begeistert von ihrem Ressort. Interessanterweise hat ihr geplanter „Moonshot“ aber gar nichts mit dem Mond zu tun.
Trotz knapper Kassen und schlechter Wirtschaftslage muss der Bund nach Ansicht der neuen Forschungsministerin Dorothee Bär kräftig in die Raumfahrt investieren. „Wir alle profitieren täglich von der Raumfahrt“, sagte die CSU-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur im München. Sie sei Vorreiter für die Entwicklung und Erprobung neuer Technologien, die auch den Alltag der Menschen verbesserten, und beschleunige Innovationen in anderen Wirtschaftsbereichen. „Im Koalitionsvertrag betonen wir die strategische Rolle der Luft- und Raumfahrt für den Wirtschaftsstandort Deutschland.“
Raumfahrt „entscheidend“ in Zeiten internationaler Krisen
Für Bär geht die politische Bedeutung der Raumfahrt angesichts der internationalen Krisen und Konflikte aber noch deutlich weiter: „Die Raumfahrt kann einen entscheidenden Beitrag für die Erdbeobachtung oder Satellitennavigation leisten. Wir müssen unabhängiger werden von Russland und China. Was es bedeutet, wenn die US-Regierung plötzlich den ukrainischen Zugang zu Satellitenbildern stoppt, haben wir gerade erst gesehen.“
Bär findet Reise zum Mond „unheimlich spannend“
„Als Ministerin für Forschung, Technologie und Raumfahrt ist der Mond gemeinsam mit unseren internationalen Partnern ein Ziel. Hier spielt weniger eine Rolle, ob ich selbst ins All will, obwohl ich das unheimlich spannend fände, sondern dass wir Teil der Artemis-Familie sind“, betonte Bär. Ziel des internationalen Raumfahrtprojekts der Nasa ist es, wieder Astronauten auf dem Mond landen zu lassen, darunter erstmals auch eine Frau.
Europäische Alternative für Mondmissionen ohne die USA?
„Ohne den deutschen Beitrag käme kein US-Amerikaner zum Mond“, sagte Bär und verwies auf die ungewisse Perspektive des Projekts: „Das Weiße Haus kappt gerade das Budget für die Nasa und will nach dem Artemis III Flug, dem Flug der Amerikaner zum Mond, das Programm stoppen.“ Die neue Bundesregierung stehe aber weiter zum deutschen Beitrag. „Da wir aber die Finanzplanung des amerikanischen Kongresses nicht kennen, arbeitet die deutsche Raumfahrtagentur eng mit der Esa zusammen, um Alternativpläne für europäische Missionen, auch zum Mond zu entwickeln.“
Nicht nur Männer unter deutschen Kandidaten für Mondflug
Wer aus Deutschland bald wieder ins All starten dürfe, sei noch offen, so Bär. „Mit Alexander Gerst und Matthias Maurer haben wir zwei erfahrene deutsche Astronauten im aktiven Esa-Astronauten-Corps und damit exzellente Kandidaten für die nächsten Flüge ins All. Außerdem werden Amelie Schoenenwald und Nicola Winter zu Astronautinnen ausgebildet und mit Rabea Rogge war gerade die erste deutsche Frau im All.“
In jedem Fall setze sie sich immer dafür ein, dass Frauen mit oder ohne Familie Karriere machen könnten – in der Politik, in der Forschung, in der Raumfahrt. „Ein Anliegen von mir ist es, den Frauenanteil in wissenschaftlichen Führungspositionen zu erhöhen. Dabei geht es um Gleichstellung und um die Steigerung der Innovationskraft des Wissenschaftssystems“, sagte Bär.
Hightech-Agenda, Umgang mit Daten, Wissenschaftszeitverträge
Für die ersten 100 Tage habe sie sich auch neben der Raumfahrt viel vorgenommen, sagte Bär. „Mein Moonshot ist, in einer Hightech-Agenda Schlüsseltechnologien zu priorisieren. Mit dem Forschungsdatengesetz wollen wir den Zugang zu Daten in der privaten und öffentlichen Forschung verbessern. Auch das Wissenschaftszeitvertragsgesetz, das sich mit befristeten Verträgen an Universitäten und Forschungseinrichtungen befasst, steht auf meiner Liste ganz oben.“ Die neue Koalition werde zudem „drei Prozent unserer Wirtschaftsleistung in Forschung und Entwicklung investieren, und zwar überall in unserem Land“.
Deutschland attraktiver Arbeitsort auch für US-Wissenschaftler
Ein weiterer Schwerpunkt ist laut Bär die Gewinnung internationaler Top-Wissenschaftler für Deutschland, „dafür steht das 1.000-Köpfe Programm“, betonte sie. „Mit Blick auf die international zunehmend unter Druck geratene Wissenschaftsfreiheit wollen wir Deutschland in Zeiten globaler Polarisierung als attraktives Zielland und sicheren Hafen der Wissenschaftsfreiheit für Forschende aus aller Welt erhalten. Forschende aus den USA – aber auch aus anderen Staaten – sind hier immer willkommen.“