Im Norden bescherte die Cannabis-Legalisierung der Justiz deutliche Mehrarbeit. Tausende Fälle mussten erneut überprüft werden. Zudem zeigten sich Hindernisse bei der Bekämpfung des Schwarzmarktes.
Knapp ein Jahr nach der Einführung der Cannabis-Legalisierung haben die Staatsanwaltschaften in Schleswig-Holstein 2.015 Verfahren erneut überprüft. Damit sei die Überprüfung von Fällen abgeschlossen und es sei in 88 Verfahren entweder ein Straferlass oder eine Neufestsetzung der Strafe erfolgt, teilte das Kieler Innenministerium mit. Zudem sei es wegen der Amnestieregelung zu einer Haftentlassung gekommen.
Notwendig wurde die Überprüfung nach Inkrafttreten des Cannabis-Gesetzes (CanG) zum 1. April 2024, womit Cannabis von der Liste der verbotenen Substanzen im Betäubungsmittelgesetz verschwand. Erwachsene dürfen seitdem in der Öffentlichkeit bis zu 25 Gramm der Droge mit sich führen, zu Hause sind maximal 50 Gramm erlaubt.
Außerdem ist es gestattet, bis zu drei Cannabis-Pflanzen im Wohnbereich zu haben. In der Öffentlichkeit darf gekifft werden, aber nicht in der Nähe von Kindern und Jugendlichen, Schulen, Kitas, Spiel- und Sportplätzen und tagsüber auch nicht in Fußgängerzonen.
Hindernisse für die Justiz
Laut Innenministerium haben sich die Erwartungen an das Gesetz aus Sicht der Justiz nicht erfüllt. So sei es nicht gelungen, den Schwarzmarkt zurückzudrängen, stattdessen sei die Verfolgung des organisierten Handels erschwert worden.
Dies liege auch daran, dass die Annahme eines Anfangsverdachts nun aufwendiger zu begründen sei, weil etwa der Besitz geringer Mengen nur noch ordnungswidrig oder straffrei sei. Ohne einen Anfangsverdacht seien aber Ermittlungen dazu, woher das Cannabis stamme, nicht zulässig.
Zudem sei die Überwachung der Telekommunikation nur noch eingeschränkt erlaubt und die Verkehrsdaten könnten nur bei besonders schweren Delikten erhoben werden. Diese Einschränkungen der Ermittlungsmöglichkeiten entsprechen den Angaben des Ministeriums nach zwar dem aktuellen Strafrahmen bei Cannabisdelikten – einen Beitrag zur Bekämpfung des Schwarzmarktes leiste dieser aber nicht.
Neubewertung von Ermittlungsmaßnahmen
Ebenfalls sei durch das Gesetz bisher auch kein Effekt entstanden, wodurch der Schwarzmarkt durch einen legalen Markt verdrängt werden könnte. Daher gibt es dem Ministerium zufolge weiterhin einen erheblichen Bedarf an Ermittlungen.
Schleswig-Holstein wolle sich deshalb für eine Neubewertung des Bedarfs an Ermittlungsmaßnahmen einsetzen – ebenso wie weitere Bundesländer. Bereits im November 2024 hätten die Justizministerinnen und -minister der Länder den Bundesjustizminister gebeten, entsprechende Neuregelungen im Rahmen einer Evaluierung des Cannabisgesetzes in den Blick zu nehmen.