Acht Tage vor der geplanten Kanzlerwahl von Friedrich Merz steht das Minister-Tableau von CDU und CSU fest. So kommentiert die Presse die Auswahl.

CDU und CSU haben ihre designierten Kabinettsmitglieder für die angestrebte schwarz-rote Regierung präsentiert. Neben erwarteten Namen gab es dabei am Montag auch handfeste Überraschungen. So soll die ehemalige brandenburgische Bundestagsabgeordnete Katherina Reiche Wirtschaftsministerin, der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef Johann Wadephul Außenminister und der Vorstandschef der börsennotierten Ceconomy AG, Karsten Wildberger, Chef des neuen Digitalministeriums werden. 

Wie erwartet wird der bisherige CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt neuer Innenminister. Als künftiger Verkehrsminister ist der CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Schnieder vorgesehen. Die aus Baden-Württemberg stammende CDU-Politikerin Nina Warken soll Gesundheitsministerin werden, die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien das erweiterte Bildungs- und Familienministerium übernehmen.

„Merz hat bei der Auswahl der CDU-Minister in der Bundesregierung Mut zum Risiko bewiesen“

In München stellte Söder die drei CSU-Ministerinnen- und Minister vor. Neben Dobrindt als Innenminister sind dies die bisherige CDU/CSU-Fraktionsvize Dorothee Bär als Forschungsministerin und überraschenderweise der niederbayerische Bundestagsabgeordnete und gelernte Metzgermeister Alois Rainer als Bundeslandwirtschaftsminister. 

So kommentiert die deutsche Presse die designierten Merz-Minister: 

„Neue Osnabrücker Zeitung“: „Gerade weil der Koalitionsvertrag von Union und SPD an vielen entscheidenden Stellen so vage ist, wird es ja auf die handelnden Personen ankommen, ihn mit Leben zu füllen. In dieser Hinsicht dürfte etwa dem CSU-Mann Alexander Dobrindt eine entscheidende Rolle zukommen. Was zur Eindämmung der illegalen Zuwanderung getan oder unterlassen wird, liegt schließlich zu großen Teilen in seinem Ermessensspielraum als Innenminister. Und auch wenn sich Dobrindts Bilanz als Verkehrsminister ungefähr so gut sehen lassen kann wie die Bilanz der Deutschen Bahn, für die er einst zuständig war: Mit ihm kann die CSU nun den Nachweis zu erbringen versuchen, dass sie das Mega-Thema Migration tatsächlich zielstrebiger managt als alle rot-grünen Alternativen.“

„Märkische Oderzeitung“: „Es gibt sie noch, die Überraschungen. Oder hätten Sie den Manager Karsten Wildberger auf dem Zettel gehabt? Die Ex-Politikerin und Energiefachfrau Katherina Reiche? Außerdem im Angebot: Eine Landesministerin mit jüdischen und eine Außenpolitikerin mit türkischen Wurzeln, die von Merz einst öffentlich zusammengefaltet worden war. Von der Befürchtung, das Kabinett Merz werde aussehen wie zur Merkel-Zeit, ist nicht viel geblieben. Die Veteranen Julia Klöckner und Jens Spahn wurden ausgelagert, die Regierungsmannschaft umweht tatsächlich ein frühlingshafter Hauch von Frische und Aufbruch. All die Männer und gar nicht so wenigen Frauen haben jetzt die Chance verdient zu zeigen, was sie können.“

„Weser-Kurier“: „Ins Auge fällt, dass Merz keine CDU-Politiker in sein Kabinett beruft, die bereits unter Merkel gedient haben. Für die ‚Altlasten‘, Alexander Dobrindt und Dorothee Bär, bleibt allein die CSU zuständig. Der künftige Kanzler setzt bewusst auf den Reiz des Neuen. Daher wären die Bürger gut beraten, die neue Bundesregierung erst mal ins Amt kommen und arbeiten zu lassen, bevor sie von interessierter Seite schlecht geredet wird. Diese Chance hat sie verdient.“

„Rheinpfalz“: „Merz vollführt bei seinen Ministern einen Balanceakt zwischen politischer Erfahrung und externer Expertise. Das birgt Chancen. Auf der einen Seite schart der künftige Kanzler loyale Mitstreiter um sich, etwa seinen langjährigen Vertrauen Thorsten Frei, der ihm als Kanzleramtsminister den Rücken frei halten soll. Spannender wird es bei den externen Zugängen. Ein unerwarteter Schachzug etwa ist die Berufung des Konzernchefs Karsten Wildberger. Der promovierte Physiker besitzt keinerlei politische Erfahrung, dafür aber Know-how aus diversen Führungsfunktionen in der Elektronik- und Telekommunikationsbranche. Das könnte die Hoffnung nähren, dass es bei der Digitalisierung merklich vorangeht.“

„Stuttgarter Zeitung“: „Das größte Risiko für Merz liegt in einer Personalie, die gar nicht die Regierungsmannschaft betrifft. Mit Jens Spahn wird die Union einen Fraktionschef haben, der mehr sein will als ein geräuschloser Organisator von Mehrheiten. Ja, Angela Merkels langjähriger Fraktionschef Volker Kauder war langweilig. Aber Kauder hat Merkel lange die Macht gesichert. In der Union gibt es viele, die Spahn zutrauen, auf eigene Rechnung zu spielen, falls Merz und die CDU in den Umfragen dauerhaft nicht aus der Krise kommen. Spahn wusste schon in der Schule, dass er gern selbst einmal Kanzler werden würde. Wenn es ihm für die eigenen Ambitionen günstig erscheint, könnte er auch versucht sein, die CDU weiter nach rechts zu schieben, als es für das Land gut ist.“

„Die Glocke“: „Merz holt sich erfreulicherweise ausgewiesene Experten auf ihrem jeweiligen Fachgebiet ins Kabinett, wie die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien und ihren Landsmann, den gut vernetzten Außenpolitiker Johann Wadephul. Dass das kleine Bundesland im Norden damit bei der Posten-Besetzung überrepräsentiert ist, fällt nicht ins Gewicht – gut so. Begrüßenswert ist auch, dass wichtige Ministerämter von außen besetzt werden. Katherina Reiche etwa war zwar lange Bundestagsabgeordnete und Staatssekretärin, hat aber in den vergangenen Jahren Karriere in der Energiewirtschaft gemacht. Man darf gespannt sein, welche Impulse sie als Wirtschaftsministerin gibt. Gleiches gilt für Karsten Wildberger, der als Konzernlenker und Experte für digitale Transformation bestens geeignet für das neu geschaffene Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung scheint.“

„Heilbronner Stimme„: „Friedrich Merz hat bei der Auswahl der CDU-Minister in der Bundesregierung Mut zum Risiko bewiesen. Dass er mit Katherina Reiche und Karsten Wildberger gleich zwei Top-Positionen an Vertreter aus der Wirtschaft vergibt, ist bemerkenswert. Das Wirtschaftsministerium an die Energiemanagerin Reiche zu vergeben, macht Sinn – schließlich ist die Energiewende weiterhin eine der wichtigsten Aufgaben der Bundesregierung. Es wird spannend sein zu sehen, wie sich der Chef von Mediamarkt-Saturn als Digitalminister schlagen wird. Vorstandschefs sind es gewöhnt, dass ihre Entscheidungen rasch umgesetzt werden. Nun wird sich Wildberger mit dem Berliner Politikkosmos mit seinen mitunter sehr langsam mahlenden Mühlen anfreunden müssen.“