Der „Baba aller Babas“ ist tot. Xatar ist am Freitag überraschend leblos aufgefunden worden. Er brachte den deutschen Straßen-Rap auf ein neues Level. Ein Nachruf.

Den Namen Xatar hörte ich das erste Mal auf dem Schulhof. Das muss 2011 oder 2012 gewesen sein. Die Hochzeit der zweiten Generation des deutschen Gangster-Raps. Auf Bushido, Sido und Co. folgten damals Haftbefehl, Celo & Abdi oder Kollegah. Dieser Xatar aber, sagte mir ein Freund, sei anders. Eine ganze Szene warte drauf, dass er aus dem Knast komme. 

Mein erster Gedanke: Na toll, wieder so ein Möchtegern-Gangster, der darüber rappt, wie viel Koks er am Kotti verkauft. Das hatten wir doch alles schon. Xatar aber – und da hatte mein Freund recht – war anders. Denn dieser Xatar saß im Knast wegen eines wirklich großen Dings. Er hatte 2009 mit Komplizen einen Goldtransporter überfallen, setzte sich in den Irak ab. Nach seiner Verhaftung und der Abschiebung nach Deutschland saß er in Haft. Die Beute aber, wohl rund 1,7 Millionen Euro, blieben verschollen.

Xatar revolutionierte den Straßenrap

Als er Ende 2014 aus dem Knast kam, war tatsächlich die ganze Rap-Szene in Aufruhr. Und ich wusste erstmal überhaupt nichts mit ihm anzufangen. Mir wurde das erste verwackelte Handyvideo nach seiner Entlassung geschickt. Da kommt ein glatzköpfiger Mann in schwarzem Mantel und mit Sporttasche über einen Parkplatz geschlendert, steigt zu einem Freund ins Auto und die beiden reden darüber, dass anderen Rappern „der Mantel des Babas“ zu groß gewesen sei. Stirnrunzeln, Kopfschütteln, was quatschen die da? xatar knast

Ein halbes Jahr später bekam ich eine Ahnung: Xatar brachte sein erstes Album in Freiheit auf den Markt: „Baba aller Babas“. Und die Hip-Hop-Szene implodierte. Schluss mit aggressivem „Ich knall euch alle ab“-Gerappe. Xatar revolutionierte den eingestaubten Straßen-Rap. Das Kopfnicken war zurück. Beats, die klangen wie aus den 90ern und ein Mann, der eine Attitüde vor sich hertrug, als stünde er über allen: „Ich mach Rap wieder Mafia“. 

Am Ende bleibt nur eine Frage: Wo ist das Gold?

Die Branche schien sich einig zu sein: Dieser Mann ist – zumindest musikalisch – unantastbar. Harter Straßen-Rap, sicherlich, aber so überheblich, arrogant und auf den Punkt auf den Beat genagelt, dass ich verstand, warum dieser Mann gehypt worden war, noch bevor er sein erstes richtiges Album auf den Markt gebracht hatte.

Das Gangster-Gehabe konnte oder wollte er nie abstreifen, aber er hob es auf eine neue Ebene. Und wurde damit – wahrscheinlich unfreiwillig – zu einem Vorbild für seine Fans. „Business machen“ – das war nicht mehr Drogen verteilen im Park. Xatar zeigte, dass es auch cool sein kann, zu „hustlen“, also hart arbeiten, ohne dabei „wie ein Hund“ zu wirken. Und das tat er. Aus einem Künstler wurde ein Unternehmer. Und wieder konnte er das Image als Pate pflegen, der im Hintergrund das große Geld macht. Musiklabel, Shisha-Tabak, eigene Imbisse: „Der Baba“ investierte in etliche Branchen. Und machte damit wohl ein Vermögen. 

Bleibt am Ende nur eine Frage: Wo ist das Gold seines Überfalls geblieben? Genau diese Frage stellte auch Moderator Steffen Hallaschka Xatar 2018 bei stern-TV. Und der Rapper musste sich offensichtlich das Grinsen verkneifen: „Vielleicht weiß ich es ja wirklich nicht … “ sterntv xatar

Am 9. Mai 2025 wurde der Tod von Xatar öffentlich. Überraschend. Aus dem Nichts. Der „Baba aller Babas“ hat den Mantel ausgezogen. Mit Blick auf sein Leben könnte man meinen: Der wird den anderen Rappern auch in Zukunft zu groß sein.